Nicole hat gefragt, zwei Aussteiger antworten. Heute starten wir mit der Beantwortung von Nicole’s Fragen, durch Daniel und Manuel*.
Daniel: Es ist möglich wegen sozialen Ungerechtigkeiten in den Rechtsextremismus abzurutschen. Da auch rechtsextreme und rechtspopulistische Propaganda darauf abzielt die Schuld bei anderen Menschen zu suchen z.B. geflüchtete Menschen. Zum anderen wenn jemand keinen Anschluss findet oder familiäre Probleme hat, finden Jugendliche oft Zuwendung oder Familienersatz in rechtsextremen Cliquen. Weil dort Kameradschaft und Zuwendung vermittelt wird. Dann ist es noch möglich durch rechtsextremistische Musik dogmatisiert und radikalisiert zu werden und deswegen in die Szene abzurutschen.
Den richtigen Zeitpunkt, jemand davon abzubringen gibt es meiner Meinung nach nicht. Es ist wichtig, wenn jemand merkt das eine Person immer mehr nach rechts rückt, über die Veränderung sprechen und dass natürlich ein Gegenstück zum Rechtsextremismus zu bieten, so dass ein Weg zurück möglich ist. Auf keinen Fall sollte die Person allein gelassen werden.
Manuel: Das ist abhängig von biographischen Erfahrungen einer Person. Zum einen könnte das „vielleicht“ ein politisch motiviertes Elternhaus zur Indoktrination führen, der ideologisch aufgeladene Freundeskreis oder sozioökonomische Veränderungen in der Heimatstadt/Wohnort, die ein negatives Erscheinungsbild in der realen Wahrnehmung projizieren. Zusammen mit den sozioökonomischen Veränderungen, kommt dann meist der Wunsch nach einem Gegenentwurf zum vorherrschenden politischen System (im welchen man die Schuldigen sucht und ausmacht), eine Alternative also. Dieser Gegenentwurf speist sich dann durch die selbstständige Erforschung einer historischen Zeitschleife. Damit verbunden, die Entdeckung einer nationalen und sozialen Idee, die Vorgibt nur in der Bioethik und Rassenideologie könnten alle Völker der Welt ihre Existenz sichern, und somit ihr zukünftiges Überleben sichern. Einfach und simpel, so wie alle Ideologien agieren.
Bei der Fragestellung fiel mir sofort der Buchtitel „DIE TORHEIT DER REGIERENDEN“ von Barbara Tuchman ein, in dem sie beschreibt, dass die Leistungen der Menschheit die in vielen Bereichen erbracht wurden, in der Regierungskunst immer ausblieben. In meinen konkreten Fall, vielleicht ein radikaler wirtschaftlicher Aufbruch in meinem Wohnort, der den schleichenden Sozialabbau gestoppt hätte. In einigen anderen Fällen hätte vielleicht die Begegnung mit einer aufgeklärten und klugen Präventionsarbeit genügt. Oder das finden der großen Liebe, klingt kitschig, aber diesen Vorgang gab es auch schon, zumindest in meinen ehemaligen NS-Kameradenkreis.
Vielen, vielen Dank für die Fragen!
Beenden möchte ich die Frage-Antwort-Runde mit einem Satz von Hanns Dieter Hüsch: „Mein Vater wusste alles, konnte aber keine Frage beantworten.“ ?
*Namen geändert.